I. Kapitel: Thesen (von J. Kuhlmann)
Die Aufteilung der Welt in 192 Staaten kontrastiert mit einer zunehmenden Verflechtung und Vernetzung dieser und ihrer Gesellschaften. Kritiker behaupten, dass dieses Nebeneinander nicht von Dauer sei. Und damit auch das Spannugsverhältnis von Hegemoniestreben und Gegenmachtbildung, von Vereinheitlichung und Differenzierung.
Die Frage nach der Neuorganisation wird von Anhängern der Einheitsperspektive unterschiedlich beantwortet:
- Einige glauben an die Kantsche Vision eines Friedensbundes republikanischer Staaten unter der Führung einer mächtigen Republik.
- Andere gehen von einer teils liberalen, teils sozialistischen Vision eines Weltstaates mit einer sozialen Weltgesellschaft aus, die das dezentralisierte System konkurrierender Staaten hinter sich läßt.
- Kritiker befürchten aber,dass durch den Verlust der Nationalstaaten sich so eine imperiale Welt ohne Demokratie herausbilden würde.
II. Kapitel: Thesen (von P. Dörr)
- Von der demokratischen Herrschaftsordnung in den Staaten und Gesellschaften erhoffte und erhofft man sich eine friedliche Weltordnung zwischen den Staaten und Gesellschaften
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- => Axiom 1): Demokratien gewährleisten eine friedliche Außenpolitik und eine friedliche internationale Ordnung
- => daraus abgeleitetes Axiom 2): Demokratien sind gegenüber Demokratien friedlich (und bilden eine Art Kantschen Friedensbund)
- Diesen Axiomen widerspricht er:
-
- a) durch Beispiele (Krieg zw. USA und Großbritannien 1812 / nordamerikanischer Sezessionskrieg zw. der Union und den konföderierten Staaten / der 1.Weltkrieg / Ruhrkampf 1923 / Finnland als Verbündeter des 3.Reiches im 2.Weltkrieg)
- b) durch Analyse der geschichtswissenschaftlichen Methoden in Konfliktprozessen zeigt sich, dass zwischen Demokratien durchaus Krieg eingeplant und vorbereitet wurde (Konflikt zw. USA und Großbritannien, der durchaus einen Krieg zur Folge hätte haben können)
- c) u.a. nach 1948 hat die Bedrohung durch die SU die westlichen Demokratien zusammen geführt, und nicht ihre innenpolitischen demokratischen Normen
- d) die Axiome sind generell nicht beweisbar, weil es zu wenige Demokratien auf der Welt im Verhältnis gibt; somit ist die Abwesenheit von Kriegen zwischen Demokratien zufällig und die statistische Analyse, dass Demokratien friedlich gegen Demokratien sind, nicht aussagekräftig
- => es gibt keinen Kausalzusammenhang zwischen demokratischer Herrschaftsform und friedlichem Verhalten
- => es gibt keinen Kausalzusammenhang zwischen demokratischer Herrschaftsform und friedlichem Verhalten
- => da die internationale Sicherheit Voraussetzung für die Demokratie ist, bleibt es zweifelhaft, ob sich Demokratie als internationales Herrschaftssystem überhaupt durchsetzt; die Demokratisierungswelle könnte ihre Dynamik verlieren, ähnlich wie vorausgegangene Wellen
- schließlich wird die herrschaftspolitische Perspektive der weltpolitischen Neuordnung und und ihr Demokratisierungshoffnungen nicht nur relativiert, sondern durch die transnationale Globalisierung grundsätzlich in Frage gestellt
III. Die zivilisatorisch-kulturelle Perspektive : Weltzivilisation mit universellen Menschenrechten oder Pluralität der Zivilisationen ? (von Kai Peifer)
1. Universale Menschrechte weltweit ?
- weltpolitische Neuordnung durch Ausdehnung der Demokratie ist unwahrscheinlich
- Hoffnung : Vereinheitlichung könnte durch weltweite Durchsetzung der Menschenrechte erreichbar sein
- Kodifizierung der Menschenrechte nach dem Ersten- und Zweiten Weltkrieg und in der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" (1948)
- Kerngehalt : Grundgedanken der Freiheit, Gleichheit, Teilhabe und Solidarität
- Der Menschenrechtsschutz soll unmittelbar für jedes Individuum gelten, ungeachtet der staatlichen Souveränität
- letzte Stufe eines gerichtlichen Schutzes des Individuums nur in Europa (Europ. Menschenrechtskonvention) und Amerika vorhanden, nicht aber im System der Vereinten Nationen
- alle anderen Staaten sind selbst Schöpfer und Träger der Menschenrechtsnormen, deren Respektierung wird zu ihrer eigenen Angelegenheit
- Die Sicherung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Macht
- Von 1982 bis 1986 hat sich die Zahl der Länder mit Menschenrechtsverletzungen verdreifacht. Amnesty International dokumentierte 1997 Menschenrechtsverletzungen in 152 Staaten -> Tendenz zur Durchsetzung der Menschenrechte nicht spürbar
- Die sog. "universalen" Menschenrechte basieren NICHT auf einem Wertekonsens, es gibt überall auf der Welt unterschiedliche Bestandteile und unterschiedliche Interpretationen, sogar eine "Universelle Islamische Deklaration der Menschenrechte". Sie dienen der Durchsetzung der jeweiligen universalen Ansprüche.
- Durch Fortbestand der realen Gegensätze und durch den sich verschärfenden Verteilungskampf der Globalisierung werden die universalen Menschenrechte zum "gemeinsamen Schlachtfeld" anstatt zum politischen Integrator.
- Die Menschenrechtsrealität beweist : Die Welt ist nicht durch Wertekonsens, sondern durch Wertedissens und Wertestreit gekennzeichnet.
Thesenartige Zusammenfassung S.36-S.38 (v. Manuela Buffone)
2. Weltzivilisation
- These einer einheiltichen Weltzivilisation oder Weltkultur durch die Realität unterschiedlicher Zivilisationen und Kulturen widerlegt
- Samuel Huntington`s Beweisführung:
-
- die Zivilisation ist seiner Meinung nach die höchste kulturelle Gruppierung von Menschen und die allgemeinste Ebene kultureller Identität des Menschen unterhalb der Ebene, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet.
- eine Gruppierung definiert sich durch gemeinsame, objektive Elemente, wie z.B Sprache, Geschichte, Religion, Sitten, Institutionen aber auch durch subjektive Identifikation der Menschen mit ihr.
- Weltkultur, einheitliche Kultur bzw. Zivilisation existiert nicht und wird auch in nächster Zeit nicht existieren.
- Modernisierung ist nicht gleich Verwestlichung, ganz im Gegenteil, die modernisierenden Länder betonen ihre kulturelle Eigenart,ihr kulturelles Selbstbewußtsein
- Zivilisatorische Gemeinsamkeiten, gemeinsame Kultur und Religion haben die Organisation der ökonomischen Zusammenarbeit in versch. Regionen gefördert. Genauso scheint auch der wirtschaftliche Regionalismus besonders erfolgreich zu sein wenn er in einer gemeinsamen Zivilisation wurzelt.
- Sprache wichtiges Kennzeichen zivilisatorischer Identitätssuche
- statt einer Weltzivilisation definiert Huntington 7-8 große Zivilisationen bzw. Kulturkreise mit Kernstaaten: westliche, sinische, japanische, islamische, hinduistische, slawisch-orthodoxe, lateinamerikanische, afrikanische.
- unbestreitbare, zivilisatorischkulturelle Pluralität:
statt Weltzivilisation bzw. einer Weltkultur eine zivilisatorisch-kulturelle Differenzierung
Kapitel III: 3. Zusammenprall der Zivilisationen - Kampf der Kulturen? (von Sven Schlicker)
- Huntington widerspricht der Auffassung, dass es zu Konflikten zwischen den Zivilisationen aufgrund ihrer Differenzen kommen muss, weißt aber auf eine große Konfliktträchtigkeit und -wahrscheinlichkeit hin.
- Die Gründe hierfür seien die geschichtlichen Erfahrungen und die aktuelle Situation (Ende des Kalten Krieges).
- Huntingtons Zukunftsvorstellungen:
-
- kulturelle Konflikte --> Trennlinien zwischen den Zivilisationen
- Die Nationalstaaten werden weltpolitisch die mächtigsten Akteure bleiben.
- Der Zusammenprall der Zivilisationen wird die Weltpolitik dominieren.
- Fraglich an Huntingtons Theorie ist die Tatsache, ob diese inter-zivilisatorischen Differenzen in der Weltpolitik dominant sein werden.
- Konflikte zwischen Staaten der gleichen Zivilisation seien weniger wahrscheinlich, was jedoch fragwürdig ist (--> Bürgerkrieg in Afghanistan).
- aufgeführte Beispiele:
-
- Konflikt im ehemaligen Jugoslawien (Serben, Kroaten
- islamistische Bewegungen im Iran
- innerstaatliche Bewegungen im gleichen Kuluturkreis <--> Kampf zwischen den Kulturkreisen
- Die zivilisatorischen Weltkonflikte erreichen dadurch eine größere Stärke, wenn sie mit Hilfe einer großen staatlichen Macht gelenkt werden. Beispiele hierfür war der Kommunismus mit Hilfe des Parteiapparats der Sowjetunion und ist heute die USA als Kernstaat der westlichen Zivilisation.
- Huntington sieht anfangs die zivilisatorischen Fronten zwischen den einzelnen Kulturkreisen und endet bei der Konstruktion einer bipolaren Konfliktachse "Westen gegen Rest der Welt". Dies ist eine Widerspruch zu seiner anfänglichen Behauptung. Sein neues Gruppierungskriterium ist die Nicht-Zugehörigkeit zur westlichen Zivilisation.
- Reaktionstypen auf Bedrohung:
-
- Isolation
- Anlehnung an den Stärkeren ("band-wagoning")
- Gegenmachtbildung ("balancing")
- Da diese Reaktionen von machtpolitischer Natur sind, muss die Konfliktträchtigkeit zwischen den Kulturen nur als Bereicherung angesehen werden und im politischen Gesamtzusammenhang der Staaten als ein Faktor betrachtet werden (Huntington hat also stark überzogen).
- Nach Huntington sieht sich "der Westen" von der restlichen Welt bedroht und greift zu Mitteln der Machtstärkung und Gegenmachtbildung.
- Innerhalb der westlichen Staaten herrschen jedoch Meinungsverschiedenheiten über die Wahl der Strategien zur Selbstverteidigung.
- Es herrscht auch eine Konkrrenz innerhalb dieser Staaten, jedoch nur im Bereich der Wirtschaft, die sich im Prozess der Globalisierung steigern kann.
DIE GEO-ÖKONOMISCHE PERSPEKTIVE: TRANSNATIONALE GLOBALISIERUNG ODER REGIONALISIERUNG UND REGIONALISMUS v.JULIA BLAß
-> speziell die ökonomische Globalisierung ist das Schlagwort unserer Zeit.
1. Globalisierung und Transnationalisierung - der empirische Befund
- Multinationale Konzerne sowie weltweite Wirtschaftsverpflechtungen sind im Prozess der Ausdehnung des Kapitalismus und der industriellen Produktion entstanden.
- Transnationalismusdebatte erreichte in den 60er/70ern bereits einen ersten Höhepunkt: Entwicklungsländer forderten neue Wirtschaftsordnung, welche u.a. die Macht der Multis einschränken sollte.
- In jüngster Zeit hat sich die internationale Verpflechtung enorm verdichtet.
- Träger der grenzüberschreitenden Aktionen und Transaktionen sind nicht staatliche, sondern gesellschaftliche Akteure,deren Handel global organisiert und konzipiert ist.
- Globale Strategie bestimmt bei den industriellen transnationalen Unternehmen die Entwicklungs- und Produktionszyklen, die sich erheblich verkürzen, und die gesamte Wertschöpfungskette.
- Die Informationswirtschaft ist zur größten Industrie der Welt geworden und erzeugt eine zunehmend globale Informations- und Wissensgesellschaft.
- Die Informationswirtschaft wird zum größten Arbeitsmarkt
- Entwicklungsländer werden höchst ungleich in den Prozeß der Globalisierund einbezogen.
IV. 2. Der Territorialstaat in der Logik der vernetzten Welt v. Thorsten Koch
- Bedeutungsverlust des Staates: Wird der Staat überhaupt noch gebraucht?
-
- sicherlich wird die Souveränität des Staates angegriffen (vor allem sichtbar an den Finanz- und Kapitalmärkten)
- sogar umgekehrte Abhängigkeiten: Die Regierungen müssen sich schon nach dem Finanzmarkt richten
- Nichtkommerzielle transnationale Organisationen
-
- können als Gemeinschaft von Lobbyisten sehr viel Einfluss auf die Staaten ausüben
- allerdings ist in den Gemeinschaften kein Interessensausgleich möglich
- Trennung zwischen Informationsbesitzern und "Informationshabenichtsen"
-
- für Informationshabenichtse wird es immer schwerer Anschluss zu gewinnen
- Aristokratie des Informationszeitalters, d.h. die Informationsbesitzer steuern die globale Informationsgesellschaft
- Schlussfolgerung
-
- Sicherlich hat der Territorialstaat Probleme mit der Globalisierung in der vernetzten Welt
- Doch abgesehen davon bleibt die Logik des Territorialstaates bestehen, wenn auch die ganze Welt miteinander vernetzt wäre
- Ausschlaggebend ist die Reaktion jedes einzelnen Staates auf die Globalisierung.
- Der Staat muss sich einfach an die neuen Gegebenheiten anpassen
Die ökonomische Regionalisierung und das Verhältnis zwischen Regionalisierung und Regionalismus von: Andreas Ziegler
- Die Regionalisierung könnte für die Anpassung der Territorialstaaten an die Globalisierung und damit für die weltpolitische Neuordnung von großer Bedeutung sein
- drei Gravitationszentren des Welthandels: westeuropäische Region, nordatlantische Region, asiatisch-pazifische Region >> tripolare Struktur
- Diese Triade hat einen Gesamtanteil am Welthandel von 86%
die Gewichte zwischen den Regionen verändern sich und schwanken erheblich. Heute: dynamischer Aufstieg der AP- Region v.a. auf dem Elektromarkt. Aber: nimmt man die EU-Region als Einheit, so ist sie die Spitze im Elektro- Weltexport
- Der Handel in den drei Regionen ist auf 46% gestiegen.
- Trotz des Anstiegs und Bedeutungszuwachses des intra- regionalen Handels ist auch die inter- regionale Verflechtung erheblich.
- Direktinvestitionen und Aufwendungen für industrielle Forschung und Entwicklung zeigen die gleiche tripolare Struktur.
- der politische Regionalismus (regionale Integrationsabkommen) hat weltweit Platz gegriffen. Schwerpunkt ist jedoch Europa
- Regionalisierung und Regionalismus sowie ihre tripolare Struktur sind eindeutig identifizierbare Phänomene der ökonomischen und politischen Realität unserer Zeit.
- eine offene Regionalisierung supplementiert und modifiziert den ökonomischen Globalismus.
- Globalisierung und Regionalisierung ergänzen sich, da in Europa die regionale Zusammenarbeit am intensivsten politisch organisiert ist, konnte sich die ökonomische Regionalisierung außergewöhnlich stark entwickeln.
- die Regierungen beseitigen die Hemmnisse für die Integration und fördern sie aktiv.
- Regionalisierung wird als "erste Phase der Globalisierung" gesehen.
- durch regionale Integration werden die Marktmacht und die Verhandlungsmacht der beteiligten Länder gestärkt.
- der Territorialstaat, der sich an Regionalorganisationen oder regionalen Integrationsverbunden beteiligt, verliert einen Teil seiner Entscheidungsautonomie an seine Integrationspartner, gewinnt jedoch mit ihnen Handlungsfreiheit gegenüber schädlichen internen und externen Wirkungen der Globalisierung.
5.Globalisierung und Regionalismus in der Logik von Macht- und Gegenmachtbildung (von M.Woll)
- Schrittmacher des Regionalismus waren/sind die Großmächte in den jeweiligen Regionen
-
- Europa : Frankreich und Deutschland
- Eurasien : Russland (GUS)
- Nordamerika : USA
- Südamerika : Brasilien und Argentinien
- Ausnahme: Japan, da historische Belastung und fehlender Integrationspartner keine offene Hegemonialpolitik möglich machen
- Kleinere und mittlere Staaten schließen sich
-
- subregional zur Bildung von Gegen- und Verhandlungsmächten zusammen oder
- dem mächtigeren Regionalstaat an: „bandwagoning-Politik“, da nur so Möglichkeit zur Mitsprache und Mitentscheidung oder dritte Alternative
- Isolierung aus dem weltökonomischen Beziehungszusammenhang, jedoch mit Peripherisierung und Marginalisierung verbunden und sehr kostspielig
- Die regionalistische Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung ist begründet im konkurrierenden Streben der Staaten nach Sicherheit und Wohlstand im geo-ökonomischen Wettbewerb
,insbesondere der großen Wirtschaftsmächte, ihre Volkswirtschaft zur "größten der Welt"(Clinton) zu machen
- Regionale Arrangements oder Integrationsverbünde dienen in einer Region - der Balancierung einer potentiellen oder aktuellen Hegemonialmacht - oder aus Sicht der Hegemonialmacht zur Absicherung ihrer Regionalmacht im globalen Zusammenhang der Balancierung anderer großer Mächte und Regionalverbände
- (West-)Europa: nach dem zweiten Weltkrieg waren die von Zerstörungen verschonten USA zur weltweit herausragenden Wirtschafts- und Militärmacht aufgestiegen Folge dieser machtpolitischen Realität war der Versuch der USA eine multilaterale globale Regelung zu etablieren
-
- politisch in der UNO
- währungspolitisch im Bretton-Woods-System
- handelspolitisch im GATT-Abkommen
- Einsicht der westeuropäischen „Gründungsväter“ der europäischen Intergration, dass das Überleben der Nationalstaaten nur durch eine teilweise Souveränitätsübertragung auf einen europäischen Verbund gewährleistet werden kann, mit der Förderung durch die USA
- Diese amerikanische Europa-Politik resultierte aus einer Reihe unterschiedlichster Überlegungen und Einsichten:
-
- nur ein kooperierendes und sich integrierendes Westeuropa gewähleistet den effektiven Einsatz amerikanischer Wiederaufbauhilfen und kann zu einem Markt für amerik. Waren und Kapital werden
- nur durch die Einbindung Deutschlands in einen Integrationsverbund kann die Gefahr einer neuerlichen deutschen Hegemonialpolitik gebannt werden und die ökonomisch und politisch notwendige Einbeziehung West-Deutschlands in den europäischen Wiederaufbau gewährleistet werden
- Die amerikanische Hegemonie in Europa kann am besten durch eine pro-amerikanische Organisation innerhalb Europas geschützt werden
- allein die Intergration Europas kann die Bildung einer Gegenmacht zur Sowjetunion gewährleisten
- Frankreich war neben den USA Hauptinitiator der europäischen Integration, mit dem Hintergedanken eine führende Rolle innerhalb der Gemeinschaft zu spielen und Europa innerhalb der NATO als Gegenmacht zur USA zu etablieren
- Die integrative gemeinschaftliche Kontrolle ließ Deutschland Raum zur neuwachsenden Souveränität und Selbstentfaltung
- Voraussetzung für die Entwicklung der EWG waren die auf den ökonomischen Bereich begrenzte europäische Integration und die durch NATO militärisch gewährleistete Sicherheit der westeuropäischen Staaten, wobei die NATO unter US-Führung stand
- Der Beitritt Großbritanniens schaffte Kontroverse:
-
- unter De Gaulles betrachtete Frankreich Großbritannien als trojanisches Pferd der USA; Pompidou hingegen stimmte dem Beitritt zu, da er sich ein Gegengewicht zum ökonomisch immer stärker werdenden Deutschland erhoffte
- Deutschland unter Bundeskanzler Schmidt sah den Beitritt Großbritanniens als erwünscht, da die Bedrohung durch die Sowjetunion keine Spaltung Westeuropas erlaube
- Aus der Globalisierungstendenz der achtziger Jahre erwuchs die technologische Revolution in den USA und Japan.Europa reagierte darauf mit der Schaffung eines High-Tech-Europa, High-Tech genutzt zum Ausbau ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit
- Die europäische Politik des Interregionalismus zeigt das Bestreben der EU eine kooperative ökonomische Balancepolitik zu betreiben.
- Der EU-Binnenmarkt sorgt für eine Balance zwischen den Mitgliedsstaaten, eine Hegemonie einer der Mächte wird so gut wie ausgeschlossen
- Eurasien
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- Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verfolgt Russland eine regionalistische Politik
- Durch bilaterale Verträge sind die einzelnen GUS-Staaten wirtschaftlich und militärisch mit Russland verbunden
- Eine Zusammenarbeit der GUS mit Drittländern und internationalen Organisationen ist nur mit dem Hintergrund der Wahrung russischer Interessen möglich
- Diese Politik ist Konfliktpunkt und stößt bei den meisten GUS-Staaten und anderen Mächten auf Ablehnung
- Nordamerika
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- Die USA betreiben gegenüber Mittel- und Südamerika Politik des hegemonialen Regionalismus, welche mit Militärinterventionen und der "Dollardiplomatie" verfolgt wird
- Die amerikanische Furcht vor einer "Festung Europa" war Ursache für die Schaffung der NAFTA, welche ebenfalls strategische Antwort Kanadas auf dieses Phänomen war
- Kanada und Mexiko betreiben eine "bandwagoning-Politik" um den Einfluss der USA zu balancieren und selbst durch eine Kooperation mit den USA Vorteile zu erlangen
- Südamerika
-
- Die USA verfolgte das Ziel durch eine Integration der lateinamerikanischen Staaten ihre Hegemonie zu bewahren
- Die lateinamerikanischen Staaten ihrerseits versuchten ihre Entwicklung und Eigenständigkeit gegenüber den USA zu behaupten
- Die Triade Nordamerika-Europa-Asien bedeutete für die Länder Südamerikas die Gefahr einer Marginalisierung
- Die Gründung MERCOSURs war die subregionale Antwort auf diese Gefahr und bedeutete die eigenständige Einfügung in die Globalisierung unabhängig von den USA, jedoch ohne Konfrontation
- Die Kooperation von MERCOSUR, Anden-Pakt und EU bildet ein Gegengewicht zu den USA und der NAFTA
- Einige der Staaten stellen jedoch Überlegungen an in die NAFTA einzutreten, ebenfalls liebäugeln die USA mit diesem Gedanken
- Die NAFTA-Süderweiterung provoziere jedoch die Bildung eines Gegenblocks in Asien
Kapitel V: Die politische Perspektive: Universelle Institutionalisierung oder Konfigurationen des Mächtegleichgewichts? ( von S. Holzer)
- Ordnung des Zusammenlebens in Staatenwelt durch verbindliche Entscheidungen
- durch polit. Absprachen, völkerrechtliche Verträge, Koordination der Willen der gleichberechtigten und unabhängigen Staaten
- Staatenwelt ist keine formalisierte Herrschaft, daher keine Sicherung der Einhaltung
- jeder Staat muss selbst für seine Sicherheit sorgen, die nie zuverlässig erreicht werden kann
- Weltregierung und Weltstaat (? Weltdiktatur) mit dem Ergebnis einer weltweiten Diktatur sind nicht wünschenswert
- institutionalisierte Zusammenarbeit der Staaten (lt. Kant) entwickelt große Anziehungskraft
- Institutionalismus oder Realismus?
-
- neoliberaler Institutionalismus:
-
- regulieren die Interdependenz zwischen Staaten und Gesellschaften
- bestimmen das Verhalten der Staaten entscheidend
- regulieren die Interdependenz zwischen Staaten und Gesellschaften
- Realismus ist gegenüber den ordnungspolitischen Grundannahmen der Institutionalisten generell skeptisch
- Internationale Organisationen seien Vehikel bzw. Instrumente der Staaten
- Vetorecht und Konsensprinzip widerlegen die Behauptung, dass Kooperation und Sicherheit durch Internationale Organisationen gesichert werden können
- Staaten und Großmächte entscheiden nach eigener Interessenlage
- Konzept der kollektiven Sicherheit erweist sich als unrealistisch
- individuelle und kollektive Verteidigung durch formelle und informelle Allianzen entscheidet in der Staatenwelt über Sicherheit und Überleben der Staaten
- multilaterale Organisationen der "internationalen Gemeinschaft" rangieren in Bill Clintons Aufzählung erst an 3. Stelle
2.1. Die ordnungs- und sicherheitspolitische Bedeutung der Vereinten Nationen (von B. Leist)
- These: Bei ihrer Gründung war die UNO als kollektives Sicherheitssystem gedacht und ist nur durch den Ost-West-Konflikt an der Ausübung dieser Funktion gehindert worden. Erst seit dem Ende des Kalten Krieges kann sie ihre eigentliche Aufgabe als Hüterin des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit wirklich erfüllen.
- Diese These lässt sich jedoch aufgrund der folgenden Gegenargumente nicht aufrechterhalten:
-
- Bei der Gründung der UN waren sich die drei Großmächte USA, Großbritannien und UdSSR einig, dass sie weder einen Weltstaat noch ein kollektives Sicherheitssystem wollten, da dies einen Teilverlust ihrer Souveränität bedeutet hätte. Tatsächlich wollten sie nur eine Organisation gründen, mit der sie ihre Hegemonie aufrechterhalten und als eine Art Weltpolizei für Frieden sorgen konnten.
- Das Veto-Recht, das den Sicherheitsrat jahrzehntelang lahmgelegt hatte, war bei seiner Einführung als Absicherung gegen das Ausnutzen der UN durch eine oder mehrere Großmächte gedacht. Die Blockade war also keine Fehlentwicklung, sondern so gewollt.
- In der UN-Charta wurde das Recht auf individuelle Selbstverteidigung jedes einzelnen Staates verankert, da man realisiert hatte, dass die Großmächte oft nicht in der Lage bzw. bereit waren, sich auf ein gemeinsames Eingreifen zu einigen oder Streitkräfte zur Verfügung zu stellen.
- Die Staaten verlassen sich lieber auf regionale Sicherheitsbündnisse als auf die UNO (siehe z.B. NATO, Warschauer Pakt).
- Statt ‚peace-enforcement’ (also Entsendung von Truppen in einen Krieg/Konflikt) ist die Aufgabe der UNO ‚peace-keeping’, also die Wahrung des Friedens nach einem Waffenstillstand. Dies ist jedoch nur eingeschränkt machbar, da die Supermächte auch hier zuerst an ihre eigenen Interessen denken.
- Der Sicherheitsrat wurde nicht total blockiert, denn die Supermächte konnten sich in der Zeit des Kalten Krieges auf immerhin 12 UN- Friedenserhaltungsmissionen einigen. Von 900 eingebrachten Resolutionen wurden nur 266 durch ein Veto abgelehnt.
- Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts wird zwar weniger Gebrauch vom Vetorecht gemacht, aber nur, weil nicht konsensfähige Resolutionen erst gar nicht eingebracht werden.
- Dass die UN kein effektives Gewaltmonopol besitzt, lässt sich schon an der Zunahme von (besonders innerstaatlichen) Kriegen seit 1990 erkennen.
- Da die Entscheidungen der UNO von der Zustimmung der Mitglieder des Sicherheitsrats abhängen, bieten nur Allianzen mit Großmächten wirkliche Sicherheit.
- Gegenargumente zu den Reformvorschlägen Abschaffung des Vetorechts und Erhöhung der Zahl der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates:
-
- Würde das Vetorecht abgeschafft, könnte die UNO durch Koalitionen zwischen einzelnen Staaten noch mehr als bisher instrumentalisiert werden, und es würde zu Konflikten zwischen der Großmächten kommen.
- Noch mehr Ständige Mitglieder (mit Vetorecht)würden die Beschussfähigkeit des Sicherheitsrates reduzieren.
These: Die UN entwickelt sich zu einem weltbundesstaatlichen Akteur mit einem überstaatlichen Gewaltmonopol. Ein Beweis dafür ist die Schaffung Internationaler Gerichte für Verstöße gegen das Völkerrecht in Ruanda und im ehemaligen Jugoslawien
Gegenargument: Die Supermächte werden sich kaum von einem solchen Internationalen Gericht verurteilen lassen. Zudem müsste der Sicherheitsrat das Gericht beauftragen, weshalb die Supermächte sich und ihre Verbündeten durch das Vetorecht schützen könnten. Die Einrichtungen der beiden Tribunale sind Ausnahmen, durch welche die Großmächte ihre Kollektivhegemonie zeigen.
Schlussfolgerung: Die UNO wird auch in Zukunft eine internationale Organisation verschiedener Staaten bleiben und nicht einer"zivilisierten Weltgemeinschaft"!
Die ordnungs- und sicherheitspolitische Bedeutung der UNO hängt entscheidend davon ab, wie die Großmächte zueinander stehen. Selbst ohne einen akuten Konflikt ist eine Kollektivhegemonie auf längere Sicht unwahrscheinlich, wenn eine Supermacht eine herausragende Stellung hat und dadurch die anderen Großmächte zur Gegenmachtbildung und Balancepolitik treibt.
2.2 die verhandlungspolitische Bedeutung der Vereinten Nationen von A. Meiser
- die nationale Umsetzung und Einhaltung von Uno-Verträgen kann nicht erzwungen werden, hängt also vom guten Willen der einzelnen Staaten ab
- Entwicklung, Umweltschutz, See- und Meeresbodennutzung , Bevölkerungswachstum und Menschenrechtsschutz gehören zu den größten Problemfeldern der UNO
- in macht- und sicherheitspolitischen Fragen hat die UNO bestenfalls eine vermittelnde, meist jedoch gar keine Rolle gespielt
- Beispiele:
-
- INF-Vertrag (1987)
- Rüstungskontroll-Regime zur Verhinderung der Verbreitung nuklearer Waffen (1968, 1970 in Kraft getreten)
- partielle nukleare Teststopabkommen (1965)
- Verhandlungen über die Begrenzung und Reduktion der strategischen Nuklearwaffen werden ebenfalls außerhalb der UNO geführt und abgeschlossen (SALT und START)
- Ausnahmen: Konvention zum Verbot von biologischen Waffen (1975) und chemischen Waffen (1997)
- Einfluss der WTO ist insofern gering als dass beispielsweise die USA Entscheidungen der WTO im Streitfall nicht anerkennen
- die führenden Mächte koordinieren ihre Politik in weltwirtschaftlichen und zunehmend auch in allgemein politischen Fragen nicht im Rahmen der Vereinten Nationen
- Beitragszahlungen werden teilweise (beispielsweise von den USA) von einer baldigen Reform der UNO abhängig gemacht; Reduktion und Einsparungen werden gefordert
- trotz partieller Kooperation im Rahmen der UNO wurden die „Anreize“ zur gewaltsamen Konfliktbeseitigung nicht verringert
-
- Beispiele: trotz der Zusammenarbeit während des Ost-West-Konflikts bestand auf beiden Seiten die Bereitschaft notfalls ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen
- die Türkei und Griechenland haben ihren Zypern-Konflikt 1974 "gewaltsam bearbeitet", wobei die Vermittlungsbemühungen der UNO eher kontraproduktiv waren weil dadurch die Neigung zu direkten Kompromissverhandlungen verringert wurde
wichtig für eine weitere Kooperation ist eine ausgewogene, symmetrische Gewinnverteilung da eine asymmetrische Gewinnverteilung zur Stärkung von Machtpotentialen missbraucht werden kann
Kapitel 5.3: Hegemonie und Gleichgewicht in der gegenwärtigen Staatenwelt v. S. Drechsler
3.1. Die Machtverteilung zwischen den Großmächten.
- Machtverteilung nach Ende der Bipolarität: Die Staatenwelt hat sich weltweit verändert, die Machtzentren verlagerten sich: USA im militärischen Bereich allen anderen Staaten überlegen.
- Tabelle S. 128: Die Militärausgaben der USA sind enorm hoch, außerdem sind sie führend im Bereich Rüstung (technisch und qualitativ)
- Militärische Überlegenheit der USA wird sich in Zukunft durch ihre waffentechnologische Entwicklung noch weiter erhöhen.
- Russland besitzt zwar veraltete Waffensysteme, es könnte aber aufgrund seiner Atomwaffen eine Gegenmacht zur USA bilden. Gegenmachtbildung auf kürzerer Sicht nur durch Atomkraft denkbar.
- Chinas Waffenarsenal besitzt nicht genügend Potential, damit eine Gegenmacht gebildet werden könnte.
- Japan ist nicht im Besitz von Nuklearwaffen.
- Europa hätte eigentlich das Potential zur Gegenmachtbildung, man ist aber nicht zu einer politischen Einheit fähig, und somit ist Europa nicht handlungsfähig.
- Im gegenwärtigen Weltsystem existiert im militärischen Bereich eine quasi-unipolare Machtverteilung der USA.
- Im nicht-militärischen Bereich ist die Machtverteilung multipolar: Triade (Amerika, EU, Südost-Asien). China gilt jedoch als die aufsteigende Großmacht und sie stehen laut Prognose in zwei Jahrzehnten hinter den USA auf Platz zwei der führenden Wirtschaftsmächte.
- Im gesamtpolitischen Bereich zählt man zu den Führungsmächten USA, China, Europa, Japan, und Russland. In der Skizze(S.131) sind USA jedoch deutlich größer gezeichnet, dies lässt sich auf ihre enorme Überlegenheit im militärischen Bereich zurückführen.
3.2. Der global politische Führungsanspruch der USA
- Die globale Machtverteilung entspricht der Selbsteinschätzung und dem Führungsanspruch der USA.
- Säkulare Ziele der USA: Erhaltung ihrer Position, Verhinderung von Gegenmachtbildung, Ausbreitung der westlichen Demokratie und des amerikanischen Wertesystems, Öffnung und Sicherung der Märkte für amerikanische Kapitalinvestitionen, Waren und Informationen.
- UN-Politik der USA: In die Hegemonialpolitik werden mittels der Vereinten Nationen kooperative Elemente eingefügt und gelegentlich Kooperationen mit anderen Großmächten.
- NATO-Politik: Die USA vermitteln den europäischen Großmächten, dass sie eine europäische Verteidigung nur innerhalb Europas akzeptieren, nicht aber übergreifend.
- Die NATO dient der USA, indem die USA so ihren Einfluss in Europa bewahren können. Außerdem sind die USA so bei Krisensituationen in benachbarten Regionen Europas schnell handlungsfähig.
- Die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten zur NATO erwünschen die Hegemonialmacht der USA sogar, um so ein Gegengewicht zur möglichen Hegemonialmacht Russlands zu bilden. Außerdem wollten die mitteleuropäischen Nachbarländer Deutschlands und fast alle europäischen Staaten eine Gegenmacht zum wiedervereinigten Deutschland bilden.
- =>Europa akzeptiert also die USA als die eine Weltmacht, da die USA die zuvor erwähnten Gegengewichte sichert.Außerdem besteht der Sachverhalt, dass die USA keine imperiale Herrschaft anstreben, sondern eine Politik der gemäßigten Hegemonie und kooperativen Balance, dies wird in Europa nicht als akute Bedrohung angesehen.